Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen

Todesdrama in der Sächsischen Schweiz: Darum hängt eine verendete Hirschkuh hoch oben in einer Baumkrone

Schon gehört?
Sie können sich Ihre Nachrichten jetzt auch vorlesen lassen. Klicken Sie dazu einfach auf das Play-Symbol in einem beliebigen Artikel oder fügen Sie den Beitrag über das Plus-Symbol Ihrer persönlichen Wiedergabeliste hinzu und hören Sie ihn später an.
Artikel anhören:

Die Hirschkuh ist nahe der Lehnsteigtürme in der Sächsischen Schweiz sechs oder sieben Meter über dem Boden zwischen Ästen einer Buche eingeklemmt, der Verwesungsgeruch ist bestialisch. Doch wie ist das Tier dort hingekommen und warum entfernt niemand den Kadaver?

Bad Schandau.

Das ist ungewöhnlich: Im Nationalpark Sächsische Schweiz bei Bad Schandau hat ein Kletterer im Elbsandsteingebirge vor ein paar Tagen eine tote Hirschkuh entdeckt - und zwar in sechs bis sieben Metern Höhe in der Baumkrone einer Buche. Ranger inspizierten daraufhin die Fundstelle nahe der Lehnsteigtürme - und die Verwaltung des Parks entschied: Das Tier bleibt hängen. „Der Tierkörper hängt für Besucher nicht erreichbar hoch in einer Baumkrone. Die Unglücksstelle liegt entfernt von markierten Wanderwegen, sodass nur wenige Wanderer diese Stelle erreichen dürften“, erklärt Hanspeter Mayr, Sprecher des Nationalparks. „Wir wollen den tragischen Umstand für Forschungszwecke nutzen.“

Ausdünstungen riechen unerträglich

Seit etwa drei Wochen klemmt der Kadaver nun dort schon fest, Flüssigkeiten tropfen auf den Boden, der Geruch der Ausdünstungen ist abscheulich. Fellbüschel liegen auf dem Boden. Forscher haben an dem Baum inzwischen eine Falle für Fluginsekten und eine Fotofalle aufgehängt. „Um zu dokumentieren, welche Tiere an der Verwertung des Kadavers beteiligt sind“, erklärt Mayr. An dem Leimring an dem Stamm der Buche kleben bereits viele Insekten.

Hirschkuh von einem darüber liegenden Felsen wohl abgestürzt

Die Nationalparkverwaltung geht davon aus, dass die Hirschkuh abgestürzt ist. Vielleicht ist sie dort auf dem schmalen Felsband der Lehnsteigtürme darüber von Menschen oder anderen Tieren aufgeschreckt und in die Enge getrieben worden oder ausgerutscht. Wahrscheinlich fiel die Hirschkuh dort dann aus etwa 25 Metern Höhe in die Tiefe und verendete. „Wir haben an der Lage des toten Tiers nichts verändert“, erklärt Mayr.

Kadaver wird nun zur Forschung genutzt

Die tote Hirschkuh ist nun Teil eines Forschungsprojekts des Bundesamtes für Naturschutz, bei dem unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Würzburg die ökologischen Prozesse untersucht werden, die rings um verendete Wildtiere ablaufen. „Wildtierkadaver sind ein Hotspot für die Artenvielfalt“, heißt es in der Beschreibung des Projekts, das auf insgesamt fünf Jahre angelegt ist und in fast allen deutschen Nationalparks derzeit stattfindet. In und an den Kadavern tummelten sich viele Organismen: von Bakterien über Pilze, Insekten, Säugetiere bis hin zu Vögeln. Ziel der Untersuchungen ist es, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, tote Tiere im Wald zu belassen. So konnte im Nationalpark Bayerischer Wald zum Beispiel schon nachgewiesen werden, dass sehr viele Arten an der Zersetzung der Tierkadaver beteiligt sind.

Wanderer sollten Tierreste nicht anfassen

Der Nationalpark Sächsische Schweiz hatte sich bisher kaum an dem Projekt beteiligt, um Konflikte mit den Besuchern zu vermeiden, erklärt Sprecher Mayr. Da das Tier aber sehr hoch hänge und weil die Fundstelle sehr abseits liege, wolle man diesen Zufallsfund nun aber nutzen, „um Stichproben zu erheben, die später mit langfristigen Untersuchungsergebnissen aus anderen Nationalparks vergleichen werden können“, so Mayr. Der Experte weiß aber auch um die Geruchsbelastung in der Nähe beliebter Kletterfelsen, die mit den wärmeren Temperaturen angestiegen ist. Und er rät dringend davon ab, Reste des Tierkörpers, die auf den Boden gefallen sind, anzufassen. (juerg)

Icon zum AppStore
Sie lesen gerade auf die zweitbeste Art!
  • Mehr Lesekomfort auch für unterwegs
  • E-Paper und News in einer App
  • Push-Nachrichten über den Tag hinweg
Nein Danke. Weiter in dieser Ansicht.

Das könnte Sie auch interessieren