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Die Rente ruft: Der 40-Millionen-Euro-Mann aus dem Erzgebirge hört auf

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Der Mann mit dem langen Bart hat Thalheim geprägt, denn Roland Wegener hat viel Steuergeld verbaut. Bald jedoch setzt sich der Bauamtsleiter – und Vize-Bürgermeister – zur Ruhe. Ein Besuch.

Thalheim.

Die Bürgerinitiative hatte sich richtig festgebissen – und schließlich gesiegt. Vor etwa drei Jahren wurden die in Thalheim lang umstrittenen Straßenausbaubeiträge beerdigt. Die Abgabe – Kommunen durften wegen klammer Rathauskassen auch Anwohner bei den Kosten für die Straßeninstandsetzungen zur Kasse bitten – gab es im Altkreis nur in Thalheim. Ungerecht sei das, so lautete eines von vielen Argumenten der Bürger.

„Aufregende Zeiten waren das, auch für mich. Aber das war eben auch wichtig“, sagt Roland Wegener. Der Mann mit dem auffälligen Bart ist Bauamtsleiter und Vize-Bürgermeister der Stadt Thalheim. „Ich musste immer neu lernen, auch mit kritischen Bürgern zu reden, sodass wir uns gegenseitig respektieren konnten. Ich glaube, ich bin da gut reingewachsen. Das gehört halt zum Job.“ Wegener sagt das in seiner ganz eigenen Art. Direkt. Floskelfrei. Eben wie ein Mann vom Bau.

In dieser Branche ist er fast sein ganzes Leben unterwegs. 1960 in Bad Schlema geboren, Schule in Aue, seit 1983 Thalheimer. Bautischler gelernt, Zimmerer gelernt, 1994 Abschluss als Bauingenieur. Dann Arbeit in vier Baufirmen. „Doch die gibt es heute alle nicht mehr“, sagt Wegener. 2010 wurde er Chef vom Thalheimer Bauhof, später auch vom städtischen Bauamt.

Einmal die Stadt von rechts nach links gelegt: eine stolze Bilanz.

Doch das Ende dieser Karriere ist in Sicht. Am 31. Juli ist Wegeners letzter Arbeitstag im Rathaus. „Danach kann ich mich mehr mit meinen Enkeln beschäftigen. Mehr das Grundstück am Haus pflegen.“ Roland Wegener sitzt an seinem Schreibtisch in der zweiten Etage des Thalheimer Rathauses. Der Schreibtisch voller Unterlagen, akkurat übereinander liegen sie da: die Stellungnahme für ein Ingenieurbüro, es geht um den Radweg zum Erzgebirgsbad. Ein Vorschlag für die Brunnensanierung an der Robert-Koch-Straße. Ein Bauzeitenplan als Zuarbeit von einer Firma für den Glasfaserausbau. Abnahmeprotokolle vom Ordnungsamt für eine Umleitung, weil in der Kantstraße die Trinkwasserleitung neu gelegt werden muss. Alles Alltag eines Amtsleiters. Hochwasserschutz und Bordsteinkanten, Straßenbau und Papierkörbe, Schulsanierungen und Gehwege – in all den Jahren hat Wegener ganz grob 40 Millionen Euro verbaut, so seine Schätzung. Also die Stadt einmal von rechts nach links gelegt. Eine stolze Bilanz.

Was echt Nerven gekostet hat: etwa der Gehwegbau an der Bundesstraße

Nerven hat ihn etwa der Ausbau der B 180 vom Rathaus rauf zur Tabakstanne gekostet. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) war für die Trasse zuständig, weil sie eine Bundesstraße ist. „Wir kümmerten uns dort als Kommune um neue Gehwege. Aber: Das war ein hartes Stück Arbeit“, sagt Wegener. Warum? Die Stadt musste erst mal die Flächen für den künftigen Gehweg von den Anliegern kaufen. „Nach Monaten Verhandlungen haben wir 98 Prozent der Flächen erworben.“ Und die zwei Prozent? Wegener grinst. Und erzählt: An einer Stelle der B 180 sei der Weg unmerklich schmaler, mache ein bestimmter Gartenzaun einen unscheinbaren Knick, 20 Zentimeter oder so. „Da hatten wir keinen Erfolg. Der Anwohner wollte nicht verkaufen“, so Wegener. Heute kann er drüber lachen. Heute ja.

Ebenso, wenn er an das Jahr 2013 denkt. Da kam an einem Wochenende alles zusammen: die Flut mit Katastrophenalarm - und die Bürgermeisterwahl. „Wir waren völlig übermüdet“, sagt Wegener, der im Wahllokal im Vereinshaus eingesetzt war. „Eingenickt bin ich aber nicht“, ¨betont er.

Das Gefühl ist rasch da: Solche Geschichten könnte er noch etliche erzählen. Doch mit all dem wird im Sommer Schluss sein. Wird ihm das fehlen, dem alten Hasen vom Bau? Die Arbeit mit Firmen, mit Planern, mit Stadträten, mit Fördergeld-Sachbearbeitern und Bauhof-Mitarbeitern? Und vor allem mit den Thalheimer Bürgern? „Ja, das wird es“, sagt Wegener. Dann kurze Pause. „Aber, alles hat mal ein Ende. Und ich will endlich mal richtig Englisch lernen, das braucht Zeit“, sagt der Noch-Bauamtsleiter und Vize-Bürgermeister. Es sei halt nicht so gut, auf Reisen sich weniger mit Worten und mehr mit Händen und Füßen zu verständigen. „Das muss besser werden. Und ich will ja geistig fit bleiben.“ (joe)

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