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Erste deutsche Zeichentrick-Sitcom: Die seltsamen Drillinge aus "Friedefeld"

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Zeichentrick-Sitcomserien gibt es bereits seit 35 Jahren. Mit "Friedefeld" gibt es nun auch eine deutsche Produktion. Trotz US-amerikanischer Vorbilder entwickelt diese einen ganz eigenen Sound.

Streaming & Fernsehen.

"Was ist dieser Jan schon, wenn Du seinen Sixpack und sein sechsstelliges IT-Gehalt wegnimmst?", fragt Paul seinen Halb-Drilling Ludwig, als er Jan zusammen mit Berthe im Supermarkt sieht. "Du hast noch seinen Segelschein vergessen, sein ehrenamtliches Engagement bei ‚Ingenieure ohne Grenzen‘, seine selbst gemachte Chimichurrisauce, seine niemals versiegende Positivität, seine beeindruckend großen Hände …", erwidert Ludwig. Gegen diesen Jan hat Paul im Werben um seine Ex eigentlich keine Chance. Paul und seine halben Drillinge Ludwig und Barbie stehen im Mittelpunkt der ersten deutschen Animated-Sitcom "Friedefeld". Sie haben einen Vater, wurden aber von drei verschiedenen Frauen am selben Tag zur Welt gebracht.

Absolute Beginner

"Die Simpsons" begründeten bereits 1989 das Genre der Zeichentrickserien-Sitcoms für Erwachsene. Seitdem gibt es eine ganze Reihe von ähnlichen Serien, die es teilweise zu großem Erfolg gebracht haben. "South Park", "Family Guy", "American Dad", "Archer", "BoJack Horseman", "Futurama" oder "Ricky & Morty" genießen Kultstatus. Sage und schreibe 35 Jahre nach dem Aufschlag der Simpsons gibt es nun eine deutsche Produktion, die sich in diesem Genre versucht. Und es sind keine Größen aus der Film- oder Comicszene, die das Wagnis eingegangen sind, eine solche Serie für den deutschen TV- und Streamingmarkt zu kreieren. Alfonso Maestro und Tillmann Orion Bremer haben bislang keine Filme macht, geschweige denn Zeichentrickserien, und haben sich trotzdem berufen gefühlt, eine eigene deutsche Animated Sitcom zu realisieren. "Wir sind vor einigen Jahren auf die Idee gekommen und dachten zuerst, wir schieben's auf die lange Bank, nur um dann doch am nächsten Tag damit anzufangen", erzählt Alfonso Maestro im Gespräch mit der "Freien Presse".

Nichts geht über die Familie

Nun treiben Paul, Barbie und Ludwig in zehn Teilen bereits ihr Unwesen in der ARD-Mediathek und werden Ende April, Anfang Mai auch im Fernsehen gezeigt. Fans von Zeichentrick für Erwachsene dürfen sich mit Paul in der fiktiven Stadt Friedefeld anfreunden, der gerne Dinge auf die lange Bank schiebt, unter der Trennung von seiner toughen Freundin Berthe leidet, bemüht ist, sein Leben grundlegend zu ändern - und es nicht schafft. Sein Bruder Ludwig allerdings hat immer neue Ideen, ist quasi hyperaktiv, doch von richtiger Arbeit hält er nichts. Und wenn er pleite ist, nistet er sich bei Paul ein und nervt ihn mit ungebetenen Ratschlägen. Schwester Barbie dagegen hat es geschafft, und das Gegenteil ihrer lebensuntüchtigen Brüder. Sie ist Marketingchefin des Giesel-Konzerns und kennt als solche keine Skrupel, wenn es darum geht, Geld zu machen. "Ich hab schon alle Arten von Triebbefriedigung und Eskapismus tausendfach durch", so Barbie. Sie geht über Leichen, wenn es sie persönlich voranbringt. Gemeinsam, aber auch getrennt erlebt das Trio teilweise sehr absurde Abenteuer. Bei aller Unterschiedlichkeit dieser drei sehr eigenwilligen Individuen begreifen sie sich dennoch als Familie, mögen sich - irgendwie. Das macht den Charme dieser Serie aus, die nichts richtig ernst nimmt, die auf Action und Effekte weitgehend verzichtet, die satirisch überhöht, auch laut und politisch unkorrekt sein kann, aber gleichzeitig auf allzu knallig-plakative Gags weitgehend verzichtet. So hat die Sitcom trotz der sichtbaren US-amerikanischen Vorbilder eine ganz eigene Tonalität. Supermärkte mögen wie in US-Sitcoms aussehen, Baseball, Donuts oder zehnspurige Highways fehlen. Eine "deutsche Serie" ist Friedefeld dennoch nur bedingt. Die angesprochenen Themen seien von globaler Natur und gingen über Ländergrenzen hinaus, meint Bremer.

Kein konkretes Vorbild

"Eine Ahnung, wie das eigentlich so richtig funktionieren könnte, hatten wir beide nicht. Wir haben angefangen, Sachen zu schreiben und diese herumzuschicken. Doch wir haben schnell bemerkt, dass diese Strategie nicht so richtig aufgeht. Und dann drehten wir selbst einen 5-Minüter, zeichneten also alles selbst und holten uns einen Mann, der uns bei den Animationen half", beschreibt Bremer den Schaffensprozess zu Serie. "Wir hatten kein konkretes Vorbild, wir haben uns aber am Genre der animierten Sitcoms orientiert und wollten da auch nicht komplett alles anders machen. Action, Effekte oder ähnliches hat uns weniger interessiert. Uns kam es mehr auf Realitätsnähe und auf die Dialoge an", sagt er. "Die Dialoge zu schreiben, war dabei unser kreativster Moment an der Sitcom, aber wir haben auch die Musik geschrieben, Regie geführt". Alfonso Maestro war derjenige, der dabei die Figuren zu visuellem Leben verhalf. "Viele Zeichnungen, etwa die Hauptfiguren habe ich zuerst mit Kugelschreiber auf Papier gebracht, sie Tillmann gezeigt und dann digital finalisiert. Ähnlich war das bei anderen Designs wie den Hintergründen und Nebenfiguren, wobei hier viele weitere Designer für die Ausarbeitung ins Spiel kamen. Insgesamt haben über 100 Leute an der Sitcom gearbeitet", weiß Maestro.

David Kross spricht Paul

Mit David Kross haben die Schöpfer der Serie auch einen prominenten Schauspieler engagieren können. Er spricht die Hauptfigur. "Wir hatten von Anfang an eine klare Vorstellung, wie Paul klingen soll. Das Gefühl, dass David Kross perfekt passen könnte, hat sich glücklicherweise bewahrheitet", freut sich Bremer.
Man muss sich ein wenig wundern, warum die erste deutsche Zeichentrick-Sitcom ausgerechnet vom Bayerischen Rundfunk (BR) produziert wurde. Bislang waren es fast ausschließlich private Sender wie Pro Sieben oder Streamingdienste, wo solche US-Formate eine Heimat hatten. "Wir hatten große Unterstützung durch den Sender und wurden sogar hier und da ermutigt, noch einen Schritt weiterzugehen", meint Bremer. "Es gibt kaum ein Genre, das so viele Möglichkeiten bietet wie die animierte Serie", lautet die ein wenig spät erfolgte Erkenntnis von BR-Redakteur Patricius Mayer. "Friedefeld" sei nun eine Serie aus dem Hier und Jetzt, "mit Charakteren, in denen wir uns wiederfinden können, mit Bezügen zu all dem, was wir aus dem echten Leben kennen".

Die Serie "Friedefeld" ist mit allen zehn Folgen in der ARD-Mediathek abrufbar. Ab 25. April wird die Serie zunächst im Bayerischen Fernsehen gezeigt.

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